Seit dem
1.2.2019 ist mein Forschungsprojekt „Die Praxen der Amateurpornographie“ an der
Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld angesiedelt. Das
Forschungsprojekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit
Mitteln in Höhe von 390.000 gefördert. Die Laufzeit des Projekts beträgt drei
Jahre. Im Projekt sind neben mir als Projektleiter ein(e) wissenschaftliche(r)
Mitarbeiter(in) sowie studentische Hilfskräfte beschäftigt.
Das Forschungsprojekt untersucht die
medialen wie sexuellen Praktiken von Personen, die amateurpornographische
Selbstinszenierungen erstellen, und zielt darauf ab, der soziologischen
Sexualforschung sowohl neues empirisches Material als auch neue Forschungsmethoden
zu erschließen. Dabei nutzt das Forschungsvorhaben im Internet verbreitete
amateurpornographische Selbstdarstellungen als quasi (auto-) ethnographisches
Material, das sowohl Praxen der Selbstdarstellung als auch sexuelle Praxen und
Interaktionen dokumentiert. Amateurpornographischen Selbstdarstellungen dienen
dem Forschungsvorhaben folglich nicht nur als Forschungsgegenstand, sondern
auch als Medien der Beobachtung und Erforschung sexueller Interaktionen: Da
sich in jeder sexuellen Handlung und Interaktion habitualisierte und
inkorporierte sexuelle Skripte reproduzieren, eröffnet die Analyse
amateurpornographischer Selbstinszenierungen der empirischen
sozialwissenschaftlichen Sexualforschung einen Zugang zum Feld privater
sexueller Praxen und Interaktionen, das ihr üblicherweise, d.h. bei einer
Beschränkung auf konventionelle Forschungsmethoden, verschlossen bleibt.
Das Forschungsinteresse richtet sich
vornehmlich auf amateurpornographische Selbstdarstellungen, die nicht primär
finanziell motiviert sind, sondern vielmehr der (sexuellen) Selbstinszenierung,
der Konstruktion und Inszenierung sexueller Identitäten und Begehrensformen
und/oder dem sexuellen Lustgewinn der Akteure dienen. Anhand der medialen wie
sexuellen Praxis der Produktion von Amateurpornographie soll mithin untersucht
werden, wie sexueller Akteure vor dem Hintergrund der zunehmenden
Medialisierung und Kommerzialisierung des Sexuellen ihre sexuellen
Arrangements, Skripte, Identitäten und Handlungspraxen zwischen
pornographischen Diskursen (und Normierungen) und ihrem sexuellen Begehren
verorten und aushandeln. Das Forschungsprojekt versteht also Menschen, die sich
amateurpornographisch inszenieren, als aktive sinnhaft handelnde Akteure,
analysiert deren mediale wie sexuelle Praxen und untersucht sowohl wie und
warum Menschen amateurpornographische Selbstinszenierungen erstellen als auch
die in amateurpornographischen Selbstdarstellungen dokumentierten sexuellen
Praktiken.
Das methodische Herzstück des
qualitativen Forschungsprojekts - und zugleich die entscheidende methodische
Innovation auf dem Gebiet der Sexualforschung - liegt schließlich in einer
Triangulierung von Methoden der Bild-, Video- und Videointeraktionsanalyse mit
qualitativen Interviews, die es erlaubt, sowohl sexuelle wie mediale Praxen als
auch die Sinn- und Lebenswelten von Amateurpornographen zu erforschen.(siehe auch: DFG)